Buchempfehlung, Traumatherapie

Der sichere Ort

Diese Übung kann uns mit unserem gesunden Ich verbinden und schützt uns vor einer unkontrollierten Überflutung von alten Traumagefühlen. Es ist eine Reise durch unsere Fantasie, die uns in einen tranceartigen Zustand der Entspannung bringt.

In meiner Jahresgruppe arbeite ich mit der Anliegenmethode von Franz Ruppert, zu der ich im letzten Artikel bereits etwas geschrieben habe. Dabei handelt es sich um eine aufdeckende Methode, die uns hilft, unsere psychischen Spaltungen sichtbar zu machen, Überlebensstrategien zu durchschauen und abgespaltene Gefühle wieder zu integrieren. So können wir innere Konflikte lösen und wieder ganz werden. Heilung wird möglich.

Manchmal brauchen wir aber auch ganz akut Hilfe, die schnell wirkt. So kann es beispielsweise hilfreich sein, Sport zu treiben oder in der Natur zu sein. Dabei geht es darum, bei uns anzukommen, zur Entspannung zu finden und uns vor einer Überflutung von alten Traumagefühlen zu schützen. Zu diesem Zweck habe ich in meiner Jahresgruppe auch eine Übung empfohlen, die unter dem Namen „Sicherer Ort“ bekannt ist. Es ist eine Übung, die uns in einen tranceartigen Zustand bringt, eine Reise durch unsere Fantasie. Der Begründer der Psychotraumatologie in Deutschland, Gottfried Fischer, beschreibt die Wirkungsweise der Übung so:

„Manche Menschen müssen erst einige innere Hemmungen abbauen, um sich auf die Fantasiereise zu begeben. Die wichtigste Hemmung ist unser Realitätssinn. Wir sind gewohnt, als Erwachsene nur noch Realitäten wahrzunehmen oder vorzufinden. Sie aber in der Fantasie sich auszudenken und sie auszugestalten, haben wir oft schon seit unserer Kindheit verlernt. Machen Sie nun einfach wieder Gebrauch von dieser kindlichen Fantasiekraft. Sie hat Ihnen früher geholfen, die Realität zu ertragen. Rufen Sie sie zurück. Wenn das gelingt, gewinnen viele aus dieser Übung einen Abstand auch zu den äußerst unangenehmen Erlebnissen und Erinnerungen aus dem Trauma. Drängen die Erinnerungen wieder an Sie heran, buchen Sie einfach ihre Fantasiereise und schwirren wieder ab.“

Wer sich vornimmt, an etwas Bestimmtes nicht zu denken, muss garantiert daran denken.

Wie schon gesagt bringt dies zwar keine nachhaltige Heilung, kann aber eine sofortige Linderung bewirken. In seinem Buch „Neue Wege aus dem Trauma – Erste Hilfe bei schweren seelischen Belastungen“ beschreibt Prof. Fischer, dass Personen, die ein Trauma erlitten haben, oftmals versuchen, sich abzulenken. Aber es ist manchmal gar nicht so einfach, traumatische Erinnerungen und Gefühle auszublenden. Darum empfiehlt er diese Übung und betont, dass man sich die gesamte Beschreibung erst sorgfältig durchlesen sollte, bevor man mit der Übung beginnt. In der Gruppe habe ich durch die Übung mit meinen eigenen Worten geleitet. Gottfried Fischer beschreibt sie so:

„Setzen Sie sich bequem und möglichst entspannt auf einen Stuhl oder legen Sie sich bequem auf Ihr Bett. Wenn es Ihnen hilft, sich zu beruhigen, machen Sie eine Atem- oder auch Entspannungsübung.

Stellen Sie sich in Ihrer Fantasie einen Ort vor, an dem Sie sich völlig sicher fühlen. Dort gibt es keine Menschen außer Ihnen. Niemand sonst hat Zutritt. Versetzen Sie sich innerlich an diesen Ort. Spüren Sie die Luft, die sich dort bewegt, nehmen Sie die Gerüche wahr, freuen Sie sich an den Farben und genießen Sie einen angenehmen Geschmack. Geben Sie Ihrer Freude über den angenehmen Ort durch ein Lächeln Ausdruck.

Wenn Sie an Ihrem sicheren Ort angekommen sind, können Sie diesen noch weiter ausgestalten. Sie können ihn noch besser gegen störende Einflüsse absichern. Sie können eine Höhle bauen, ein Haus oder auch die Landschaft verändern, bis alles optimal schön und sicher ist. Auch das Wetter können Sie bestimmen. Verbleiben Sie nun, so lange Sie möchten und es Ihnen angenehm ist, an Ihrem sicheren Ort. Erst wenn Sie sich lange genug erfrischt und ausgeruht haben, geben Sie sich das Zeichen zum ‚Aufwachen‘. Lassen Sie sich aber auch jetzt noch Zeit damit. Achten Sie auf Ihren eigenen Rhythmus und kehren Sie erst langsam wieder in Ihr Wachbewusstsein zurück, in einem Rhythmus, der Ihnen entspricht und angenehm ist.“